Leserbrief: Antwort an IHK- Präsident Sträter, zu RGA vom 31.3.08

Am 31.03.08 schrieb der Präsident der IHK Wuppertal - Solingen - Remscheid, Friedhelm Sträter in einen Sonderteil des RGA den Artikel "Träumen wir gemeinsam!".

 Er formulierte eine Vision, wie er sich es wünschen würde, das so Bergische Land im Jahr 2018 aussieht. Sehr dürftig waren jedoch die Ausführungen zur Verkehrspolitik und zur Familienpolitik.

So sieht er für den Schienenverkehr folgende Zukunft: "Übertroffen wird alles vom `Bergischen Trassenverbund´. An den Wochenenden und in den Ferien überschwemmen uns geradezu die Inliner und Fahrradfahrer. Die zu Fuß- und Radwegen umgestalteten ehemaligen Bahnlinien haben sich als Besuchermagneten entwickelt. Der Rad- und Skater- Tourismus hat viele Arbeitsplätze in Gastronomie, Hotelerie und technischen Service geschaffen."

Es wundert einen schon, wenn man so was aus den Reihen der IHK liest! Sollte die IHK nicht die langfristigen Interessen der Industrie und des Handels vertreten? Was braucht die Industrie auf Bahntrassen dringender, Rad- und Wanderwege oder einen leistungsfähige Infrastruktur für den Transport von Waren und Personen. Wen man auf der Seite der heimischen IHK ( www.wuppertal.ihk24.de ) nach dem Begriff Gleisanschlussförderung sucht, sucht man vergebens. Ganz anders z.B. die IHK München, die dies als einen Chance begrüßt, die Schiene wieder für die Wirtschaft nutzbar zu machen. Schaut man mal in die topographischen Landkarten oder auf die Luftbilder von Google Earth, dann fallen einen im Wuppertaler und Remscheider Raum die großen Industrieanlagen auf, die nicht weit von den z.Z. stillgelegten Gleisanlagen entfernt sind. Ist es nicht angesichts der Ölpreisentwicklung und neuer technischer Logistikkonzepte ( www.containerserviceamladegleis.de ) angebracht, die noch vorhandenen Bahntrassen als Eisenbahn zu erhalten und Schritt für Schritt zu reaktivieren? Was hat unsere Wirtschaft von Fahrradwegen, wenn der Trend die Schiene immer attraktiver macht? Wo sollen denn beim bergischen Wetter die Umsätze für Hotels oder Servicebetriebe herkommen. Allenfalls die Gastronomie könnte davon profitieren, das Leute per PKW oder Zug angereist kommen, bei schönen Wetter eine Runde mit dem Fahrrad fahren und  dann wieder verschwinden. Auch die einheimischen würden so ein Naherholungsangebot nutzen. Aber die Frage ist trotzdem, ob eine Nutzung als Eisenbahn nicht den wesentlich größeren Nutzen für alle schafft.

Immerhin erwähnt der IHK- Chef noch echten Schienenverkehr: "Das Schienenverkehrsangebot in unserer Region ist ebenfalls wieder vorbildlich. Nachdem die Bahn ab 2006 das ICE- Angebot in Wuppertal und Solingen schrittweise abgebaut hatte, konnte diese Entwicklung erfreulicher Weise wieder rückgängig gemacht werden. Sogar der `Müngstener´ , unser einstiges Sorgenkind, hat nach der Ausschreibung der Strecke seine eigene regionale Erfolgsgeschichte geschrieben."

Damit ist das Thema  Bahn für die IHK erledigt. Wie wäre es mit einer Verlängerung der Regiobahn ( www.regio-bahn.de ), die von Düsseldorf über Mettmann nicht nur bis Vohwinkel fährt, sondern weiter bis Wichlinghausen oder gar Gevelsberg. Wie wäre es mit einer Stadtbahn, die vom Friedrich Ebert Platz in Remscheid zum Hauptbahnhof und von dort über die DB- Gleise, durch Wermelskirchen und über die Trasse der Balkanstrecke nach Köln fährt. Umsteigefrei in die Dommetropole mit ihren Zügen nach Süden, Brüssel, Paris, London..... Buslinien aus Radevormwald und Hückeswagen würden diese Orte an diese schnelle Stadtbahn anbinden.

Während bei den Bahnstrecken nur der Rest, der heute noch in Betrieb ist, optimiert werden soll, führt die IHK mehrere Straßenbauprojekte auf, darunter die B 229 n in Lennep, für die die Agenda 21 Remscheid Alternativpläne entworfen hat. Auch die Umgehungsstraße Bergisch Born beansprucht Bahnflächen. Dabei könnte diese Umgehung durch eine Umleitung der B 237 von Kammerforster Höhe/ Hückeswagen bis Dreibäumen und von als Straßenaus- und Neubau bis Belten/ B51 überflüssig werden. Wenn es dort einen Kreisverkehr B 51/ B 237 gäbe, könnten dort, am Westrand von Bergsich Born die LKW zum Industriegebiet Bergisch Born dort wenden, für die die Spitzkehre zu eng ist.

Leider hat Herr Sträter die Themen Energiesparen, Flächenverbrauch und Resourcenschonung (wie wäre es z.B. mit Kryo- Recycling, www.total-recycling.org ?) nicht behamdelt.

Friedhelm Sträter will das durch die in seinem Artikel beschriebenen Maßnahmen der Bevölkerungsschwund gestoppt und sogar Zuwanderung oder gar eine höhere Geburtenrate erreicht wird. Aber wenn der so genannte demographische Wandel fast überall für einen Bevölkerungsrückgang sorgt, gibt es zahlreiche davon betroffene Regionen, die wesentlich attraktiver sind. Auch einen Wandel bei der Geburtenrate wird es kaum geben, wenn man nur Krippenplätze und Fremdbetreuung schafft und die elterliche Erziehungsleistung nicht gesellschaftlich anerkennt! Dazu bietet die Seite www.familie-ist-zukunft.de Antworten. Die Bindungsforschung legt nahe, das eine zu frühe Fremdbetreuung sich negativ auf die Entwicklung der Kinder auswirkt. Durch Teilzeitstellen, Minijobs zur Erhaltung der Berufsqualifikation oder auch Arbeitsbereiche, die Babys im gleichen Raum zulassen könnte die Wirtschaft vielen Familien helfen. Was spricht denn gegen eine Babywiege im Nichtraucherbüro und Wickel- und Stillpausen, etc., wenn das zwischendurch nötig ist? Wie wäre es mit Betriebskindergärten (evt. von mehreren Betrieben gemeinsam organisiert) wo Eltern die Pause zum gemeinsamen Essen mit ihren Kindern verbringen können?  Auch die Wirtschaft sollte verstärkt fragen, was ist das Beste für die Babys, Kleinkinder und Kinder? Wenn die Eigenbetreuung in der Familie das Beste ist, bringt das auch langfristig die besten und zuverlässigsten Mitarbeiter. Wenn Frauen oder zunehmend auch Väter gegen ihren inneren Willen, alleine wegen der materiellen Situation oder aus Angst vor einem Karrierebruch die Kinder in Fremdbetreuung geben, dann muß die Wirtschaft langfristig auch die Konsequenzen der Fremdbetreuung auf die Entwicklung der Kinder tragen. Es wäre ein Thema für sich, zu zeigen, wie eine Lobby die Kinderkrippen   propagiert und die Leistung der Familien schlecht geredet wird (so z.B. der Begriff "Herdpämie" (Unwort des Jahres 2007) und der Widerstand gegen so eine Geldzahlung). Immerhin warnt auch die Frau von Oskar Lafontaine vor einer Überbewertung der Fremdbetreuung. Von der IHK wäre hier eine ganzheitliche Herangehensweise an das Thema Familienpolitik wünschenswert, das nicht nur die kurzfristigen betriebswirtschaftlichen Vorteile beachtet, die es für manche Unternehmen hat, wenn Eltern die Erziehung zu einem großen Teil an andere delegieren, um den qualifizierten Job  zu behalten. Das ist mein Traum für das Bergische Land im Jahr 2018, das alle anfangen, über ihren eigenen Tellerrand hinaus zu blicken um Lösungen zu finden, die nicht nur kurzfristig Nutzen stiften und ein langfristiges menschenwürdiges Leben auf der Erde ermöglichen.

Abs. Felix Staratschek, Freiligrathstr. 2, 42477 Radevormwald, 02195/8592 stellvertr. Vors. der www.oedp.de - Bergisches Land, Mitglied im ÖDP-Ak. Verkehr


 

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