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NEIN zum Radevormwalder Haushaltsplan 2012 und dem 10-Jahres-Konzept

Haushaltsrede von Rolf Ebbinghaus (AL) im Stadtrat von Radevormwald.


Von Rolf Ebbinghaus, Fraktion der Altrnativen Liste Radevormwald (AL) www.al-rade.de

21. Juni 2012 - 10:54 – AL

In einer Fülle von Anträgen hatte die Alternative Liste Radevormwald versucht, den unsinnigen Ausgabenfluss zu verhindern und eine Umkehr in der Ausgabenpolitik zu bewirken. Die Mehrheit, meist aus CDU, SPD und UWG hat es abgelehnt, Ausgabendisziplin zu wahren und die Bürger vor weiteren Steuererhöhungen zu bewahren! Ob Innsenstadtsanierung, Wülfung, Sportplatz Hermannstraße, LifeNess, alles ist wichtig, nichts kann warten! In seiner Haushaltsrede begründete der Fraktionsvorsitzende der Alternativen Liste, Rolf Ebbinghaus, die Ablehnung des Haushaltsentwurfs durch die Alternative Liste. Hier können Sie seine Rede nachlesen!

Sehr geehrte Damen und Herren,

Griechische Verhältnisse gibt es nicht nur in Griechenland. Es steht uns nicht zu, über griechische und südeuropäische Politik geringschätzig zu denken, solange wir nicht den Mut aufbringen, anders zu handeln.
 Als Radevormwalder Politiker wissen wir seit Jahren, dass es um die Finanzsituation unserer Stadt - gelinde gesagt - ernst bestellt ist. Das hindert uns aber nicht daran, noch bevor ein Großprojekt abgeschlossen ist, neue in die Welt zu setzen.
 Wülfing ist nicht abgeschlossen, da wird das neue Großfass „Innenstadtsanierung“ eröffnet. Damit ist kaum begonnen, die finanziellen Auswirkungen können noch gar nicht abgesehen werden, sind wir dankbar dafür, dass der Kreis seinen Widerstand gegen den neuen Sportplatz Hermannstraße aufgegeben hat. Und daneben leisten wir uns das Dauerloch LifeNess.
 Über die Nützlich- und Sinnhaftigkeit dieser Projekte lässt sich trefflich streiten. Dem Sportplatz können wir noch am ehesten etwas abgewinnen. Er vermindert bei Bebauung des Jahnplatzes nicht den Mangel an Freiplätzen in Radevormwald, stellt aber eine geringfügige Verbesserung des sportlichen Angebotes dar. Das ist aber nicht der Punkt. Dieses Projekt hat ursprünglich in den Köpfen von FDP-Ratsmitgliedern, vielleicht auch unter lobbyistischer Impulsgebung der örtlichen Bauwirtschaft, sein Anfang genommen. Kern der Botschaft war, der neue Platz lässt sich mit der Bebauung des Jahnplatzes finanzieren. Heute wissen wir, dass das nicht stimmt. Wir benötigen mindesten 1,2 bis 1,5 Mio € zusätzliche Mittel. Kennzeichnend für Politiker und damit für Politik ist es, dass sie sich in aller Regel als unfähig erweist/erweisen, auf veränderte Rahmenbedingungen angemessen zu reagieren. Es gilt die Maßgabe „Augen zu und durch“.
So wissen wir, dass das LifeNess ein finanzieller Mühlstein am Halse der Stadt ist. Nun wird die weitere Investition in die Sauna als Heilsbringer gefeiert, obwohl einfache Überschlagsrechnungen zeigen würden, dass eine solche Maßnahme bestenfalls geringfügig zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Gesamtlage der Bäder GmbH beitragen kann. Und nur dann, wenn sich die optimistischsten Annahmen bewahrheiten! So, wie die Mehrheit des Rates mit unseren Anträge zum LifeNess umgegangen ist, können wir nicht erkennen, dass Sie sich von diesem Mühlstein befreien wollen. Sie lassen sich lieber strangulieren!
 Umgestaltung Markt: Eine völlig überflüssige Baustelle!
 Die Funktionsfähigkeit der Innenstadt ist wichtig. Aber die Probleme der Innenstädte sind Folge des veränderten Einkaufsverhaltens der Menschen, der veränderten Geschäfts- und Angebotsstruktur, des technischen und demografischen Wandels. Wie reagieren wir darauf? Wir lassen den Marktplatz neu pflastern und hübschen die Umgebung auf. Nur an den Ursachen ändert das gar nichts! Stadtplaner mit der Lösung ökonomischer Probleme zu beauftragen ist ungefähr so zielführend, wie Zahnschmerzen von einem Rechtsanwalt behandeln zu lassen.
 Gestatten sie mir an dieser Stelle auch eine kurze persönliche Anmerkung. Fr. Gottlieb, wir verkennen nicht, mit welchem Arbeitseifer sie an ihre Aufgaben gehen, mit welchem Engagement und Herzblut sie dabei handeln. Ja, unter technokratischer Sichtweise, welche Erfolge sie mit iIhrer Arbeit erzielen. Das ist viel mehr als ihre Vorgänger an dieser Stelle geleistet haben. Hieße die Aufgabe „Unser Dorf soll schöner werden", würde unsere Kritik deutlich milder ausfallen. Nur das ist nicht die Aufgabe. Die im integrierten Handlungskonzept Innenstadt vorgesehenen Maßnahmen sind schlicht ungeeignet, auch nur in Ansätzen eine Problemlösung für die von mir dargestellten Veränderungsprozesse darzustellen.
 Deshalb kann nur die Maßgabe sein, den Umbau aufzugeben und mit einem Bruchteil der Mittel sich der Lösung der Kernaufgabe zu widmen.
 Nun steht der diesjährige Haushaltsbeschluss noch unter einer besonderen Anforderung. Gleichzeitig muss ein 10-Jahresplan zur Haushaltskonsolidierung verabschiedet werden. Das bedeutet, trotz aller Schmerzen, keinen tatsächlichen Wandel der Finanzpolitik. In den nächsten 10 Jahren - bis wir dann erstmalig wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen - steigt die Verschuldung Radevormwalds um rund 60 %. Dennoch benötigen wir zur Einhaltung dieses Plans 3 Steuererhöhungen in den Jahren 2014, 16, 18. Dabei ist der bisherige Plan allein durch die Tariferhöhung dieses Jahres an den Rand der Belastungsfähigkeit gebracht. Weitere Änderungen in den vergangenen Wochen führten dazu, dass der ursprüngliche finanzielle Puffer der Jahre 2021 und 2022 von rund einer ¾ Mio. € fast vollständig aufgebraucht wurde. Jede weitere Veränderung wird darauf hinauslaufen, die Steuern noch stärker zu erhöhen, als es hier vorgesehen ist. Und nach unserer Ansicht gibt es genügend Anlass, die Realitätsnähe der Planung zu bezweifeln. Wir glauben z. B. nicht, dass die unterstellten Wachstumsraten des Gewerbesteueraufkommens erreichbar sind. Dieser Planungsansatz hat aber zunächst nicht die Kämmerei zu verantworten, sondern ist Folge des vorgeschriebenen Rechenmodels. Wir haben aber zu verantworten, die Gefahren dieser Planung dankbar übersehen zu wollen und einzuplanen, dass der Bürger am Ende die Zeche schon zahlen muss!
 Dabei lassen Sie mich an einige Rahmenbedingungen erinnern. Das erste Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts war das wirtschaftlich schlechteste Jahrzehnt seit Bestehen der Bundesrepublik. Die Menschen, vor allem die Bezieher abhängiger Einkommen, haben erstmalig Realeinkommensverluste hinnehmen müssen, sprich, sie sind ärmer geworden! Im gleichen Zeitraum haben die Menschen in den südeuropäischen Ländern ihr Einkommen real kräftig steigern können. Heute nun häuft die Bundesregierung mehrere Hunderte Milliarden von Haftungspapieren an, so als handel es sich um bedeutungsloses Papier. Quasi ein Placebo zur Beruhigung der Märkte. Die EZB assistiert, in dem sie die Geldmenge in Billionenhöhe aufbläht und ganz offensichtlich damit die Rohstoffspekulation befeuert. Was heute schon am Rohölmarkt zu spüren ist. Nun stellen Sie sich bitte noch einmal vor, die Bundesrepublik würde auch nur für einen Teil der geleisteten Sicherungen, die inzwischen die Höhes des gesamten Bundeshaushaltes weit übersteigt, tatsächlich in Haftung genommen werden. Was ich Ihnen damit verdeutlichen möchte ist, dass die Aussichten für unsere Bevölkerung eher düster sind. Es drohen Steuererhöhungen aus den Bürgschaftsverpflichtungen und gleichzeitig knabbert die Inflation am Einkommen und Vermögen der abhängig Beschäftigten.
 Können wir uns leisten, zum Zwecke der „Aufhübschung“ der Kaiserstraße die Steuern zusätzlich zu erhöhen und die Bevölkerung ein weiteres Mal zu belasten?? Unsere Antwort ist an dieser Stelle eindeutig: NEIN!
 Verglichen mit einigen Ruhrgebietskommunen, in denen der Haushalt mit 2/3 und mehr zur Finanzierung von Soziallasten dient, Schulen und Straßen vergammeln, leisten wir uns eher hausgemachte Luxusprobleme!
 Wir haben heute möglicherweise eine der letzten Chancen, die finanzielle Zukunft unserer Bürger etwas aufzuhellen. Deshalb müssen wir uns auf die Bewahrung des Bestehenden beschränken und entwickeln Neues nur in dringenden Fällen, bis eine finanzielle Erholung der Kommune eingetreten ist!
 Ein einfaches Weitermachen, die Augen vor den Belastungen der Zukunft zu verschließen, so wie es sich jetzt im Haushaltsplan und dem 10jährigen Sicherungskonzept nieder geschrieben ist, können wir nicht zustimmen!


Hier können sie Fragen öffentlich an Herrn Ebbinghaus stellen: http://www.abgeordnetenwatch.de/rolf_ebbinghaus-588-49292.html 

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