Felix Staratschek aus Radevormwald, verkehrspolitischer Sprecher der bergischen ÖDP und AL- Mitglied im Verkehrsausschuss nimmt Stellung zu einer Kritik am ÖPNV.
In der Bergischen Morgenpost in Radevormwald beklagt sich Wolfgang Schneidewind über die Zustände beim ÖPNV in Radevormwald. Er wollte 35 km nach Velbert fahren und bekam dafür den Preis von 17,60 Euro genannt. Wahrscheinlich hat er eine
Fahrplanauskunft im Internet geöffnet und dann diesen Preis genannt bekommen. Aber das ist der Preis des
"Schöne Fahrt- Tickets", mit dem man 2 Stunden lang in NRW fahren kann, soweit man kommt. Z.B. kann man es damit von Radevormwald bis Münster schaffen und dort noch mit dem Bus zum Ziel kommen.
Eine Fahrplanauskunft kann nur so intelligent sein, wie ihre Programmierer. Und die scheinen nicht in Lage zu sein, gebrochene Tarife zu nennen. Wenn Radevormwald im
VRS liegt und Velbert im VRR, dann liegt es nahe, dass man zwei Fahrkarten kaufen muss. Und da kann es von der Strecke die man fährt abhängen, wie man diese Tarife kombiniert. Von Radevormwald kann man entweder nach Wuppertal Ost (Oberbarmen und Barmen für 2,70 Euro) fahren oder eine Preisstufe teurer nach Wuppertal West (u.a. Elberfeld für 4,80 Euro). Von Wuppertal nach Velbert ist es immer die Preisstufe B für 5,10 Euro. Wer also eine Fahrkarte von Radevormwald nach Wuppertal Oberbarmen kauft, kann hinter Beyenburg im Bus bereits die VRR- Karte nach Velbert erwerben. Zusammen sind das dann 7,80 Euro statt 17,60 Euro NRW- Tarif. Aber dass muss man eben wissen, die Computerauskunft sagt das nicht.
Wenn aber das Ziel in Velbert nahe an Wuppertal liegt, kann es etwas günstiger werden. Denn die Tarifzonen des VRR (meist eine Großstadt oder ein Landkreis) sind in Waben unterteilt. Das hat nur dann Bedeutung wenn man von der Wabe einer Stadt in die direkt nebenan liegende Wabe einer anderen Stadt fahren will. Dann wird nur die VRR- Preisstufe A verlangt für 2,50 Euro. Zusammen mit dem VRS- Ticket nach Wuppertal West sind es 7,30 Euro.
Wo nun Herr Schneidewind es gefunden hat, dass man die Strecke auch für 9,10 Euro oder 5,60 Euro fahren kann, was er durch Zufall gefunden haben will, ist mir ein Rätsel. Denn die Tarife sind im Nahverkehr bindend. Was ich allerdings erlebt habe, ist, dass mir Busfahrer falsche Fahrkarten verkauft haben und mir dann der Schaffner sagte, damit hätten sie nicht bis hierher fahren können. Oder ich habe Schaffner oder Busfahrer erlebt, die mir nicht glauben wollten, dass ich mit er gültigen Fahrkarte eine Strecke fahren dürfe oder mir eine gültige Fahrkarte nicht verkaufen wollten. Aber es blieb dann immer bei der Regel, im Zweifel für den Angeklagten. Dies zeigt, dass selbst das Personal der Verkehrsbetriebe beim Fahrgastabi durchfallen würde, dass man heute oft in Selbstschulung bestehen muss, um den ÖPNV günstig zu nutzen.
Das Stückeln von Fahrkarten kann schon innerhalb des VRR sinnvoll sein. So beträgt der Sprung von der Preisstufe C zur Preisstufe B 5,40 Euro. Würde Radevormwald zum VRR gehören, könnte man für 2,50 Euro nach Wuppertal Beyenburg fahren und von dort für 5,10 Euro nach Velbert, was dann 7,60 Euro für zwei Fahrkarten kosten würde statt 10,50 Euro für eine Fahrkarte Preisstufe C. Für alle Preise gilt, dass man, wenn man die Strecke zwei mal im Jahr hin und zurück fährt, mit Viererkarten etwas günstiger fahren kann.
Problematisch ist für Radevormwald, dass es bis August 2008 schrittweise aus dem VRR- Tarif geworfen wurde. Bis 2008 könnte man mit der VRR- Preisstufe C (damals die höchste Preisstufe im VRR) nach Radevormwald fahren. Ebenso konnte man dies ab 19 Uhr und am Wochenende mit dem Ticket 2000 der Zonen A und B oder mit Tagestickets. Heute können die Remscheider, Wuppertaler und Solinger mit ihrem Tickets 2000 zu diesen Zeiten zwar bis Recklinghausen, Dortmund, Duisburg oder Venlo (mit Grenzzuschlag) fahren, aber die nahen Ziele in Radevormwald und Wermelskirchen sind gestrichen worden. Das heißt, das Radevormwald für die Naherholung per ÖPNV deutlich an Attraktivität verloren hat oder das Remscheider zum Kinobesuch lieber nach Wuppertal als nach Radevormwald fahren. Umgekehrt fahren Pendler mit dem Auto bis zum Bahnhof Lennep oder Schwelm, weil diese den VRR- Tarif schätzen. Man kann zwar zum VRS- Tarif zwischen Radevormwald und Düsseldorf pendeln, wenn man aber eine VRS- Karte Zone C von Remscheid nach Düsseldorf hat, kann man noch viele weitere Orte ansteuern und ab 19 Uhr oder am Wochenende den ganzen VRR befahren.
Problematisch war es schon immer dass Radevormwald zu zwei Verkehrsverbünden gehörte, da früher am Busbahnhof die Tarifgrenze war. Sinnvoll wäre es gewesen den VRR- Tarif bis an die Stadtgrenzen auszuweiten und den VRS- Tarif nur Fahrten nach Gummersbach und Köln zu nutzen. Noch heute fahren die Busse nach Halver mit einem eigenständigen Tarif, so dass man keine durchgehenden Fahrkarten zu den neuen Industriegebieten (neues Aldi- Lager) oder zur Eich (Hahnenberg) lösen kann. Ich habe mehrfach darauf hingewiesen, dass die Haltestelle "Vorm Holte" nahe der Wasserturmstraße (Neubaugebiet) nicht mit dem VRS- Tarif nutzbar ist und man nur Fahrkarten bis zum Busbahnhof kaufen kann. Nach Remscheid, zum Schulzentrum oder zur Hermannstraße müssen weitere Fahrkarten gekauft werden, obwohl dies im VRS alles im Preis inbegriffen wäre. Da können die Verkehrsbetriebe auch nicht mit der Wirtschaftlichkeit kommen, da die meisten Fahrgäste das nicht mitmachen. Entweder laufen die zu Fuß zum Busbahnhof oder die fahren gleich Auto. Aber würden sich VRS und MVG gegenseitig ihre Tarife anerkennen wäre das Busangebot im Osten Radevormwalds deutlich attraktiver.
Als Radevormwald schrittweise aus dem VRR geschmissen wurde, habe ich keine Aktivitäten der Ratsgruppen bemerkt und auch der Bürgermeister Dr. Korsten hat meines Wissens keine Protestnoten verfasst oder beim Landtagsabgeordneten interveniert. Wenn Herr Knorz sagt, dass auch die Politik wenig Einflussmöglichkeiten hat, trifft das nicht zu. Die Gremien, die die Tarife und Grenzen festlegen sind alle politisch besetzt und da hätte es Radevormwald gut getan, wenn die Stadt auf ihre Sonderposition hinweist, dass diese zwar dem Oberbergischen Kreis (VRS) angehört, aber die über Jahrhunderte gewachsenen Beziehungen zum Landkreis Lennep (VRR) oder später zur Nachbarstadt Remscheid hier dominieren. Hückeswagen, Wermelskirchen und Radevormwald hätten zusammen dafür kämpfen müssen in den VRR hinein zu kommen oder darin zu bleiben.
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Aber Radevormwald schafft es ja nicht mal da zu handeln, wo es die eigene Zuständigkeit betrifft. 2009 hat der Stadtrat einstimmig beschlossen, es prüfen zu lassen, wie der Schulbus nur für Schüler zu
einem Ortsbus für alle werden kann. Fakt ist, dass durch den Nachmittagsunterricht mittlerweile Montags bis Freitags in 40 von 52 Jahreswochen ein Busverkehr stattfindet, der der ganzen Landbevölkerung oder einigen Senioren zugute kommen könnte. Es müsste nur zusätzlich ein Wagen in den Ferien im Betrieb bleiben, der eine Grundversorgung der größeren Außenorte ermöglicht. In Hövelhof hat dies geklappt und sogar den Finanzierngsaufwamd für die Stadt gegenüber dem reinen Schulbus verringert. Radevormwald hätte also große Chancen, hier ohne Mehrbelastung für den Haushalt den Einwohnern eine neue Leistung zu erschließen. Aber nicht mal dazu ist man in der Lage.Vor allem eine Buslinie nach Kräwinkel könnte an schönen Tagen ein Renner sein, was der in den Sommerferien fahrende
Kräwi- Bus der Stadtwerke Remscheid beweist. Nebenbei würden davon Honsberg und Heide profitieren.
Meine Infoseite zum
Nahverkehr in Radevormwald
Abs.; Felix Staratschek, Freiligrathstr. 2, 42477 Radevormwald
Verkerhspolitischer Sprecher der
ÖDP Bergisches Land
Mitglied im Verkehrsausschuss der
Stadt Radevormwald (sachkundiger Bürger der
Alternativen Liste AL)
Zuletzt aktualisiert am: 19.10.2013. 4392 27.12.2024).
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